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„Ich bin ein Kümmerer“
Heiko Appelbaum ist Citymanager von Paderborn. Warum die Paderborner nicht stur sind, warum sie in einer Stadt leben, die sich noch schöner macht, und was Lego mit Stadtplanung zu tun hat, erklärt er im Gespräch.

Kategorie

Text, Foto, Content Marketing

Kunde

Agentur, B2C

Jahr

2021

Es ist viel los in Paderborn. Wer in die Stadt fährt, wird durch Baustellenschilder und spontane Spurwechsel begrüßt. Kreatives Autofahren, und doch fühlt man sich nie verloren: die Informationen am Straßenrand sind gut. „Paderborn wird  gerade noch schöner“ lacht dazu Heiko Appelbaum. Der Citymanager der  westfälischen Universitätsstadt schaut inmitten des mittäglichen Treibens auf dem Königsplatz aus dem Fenster. Ein Hämmern hier, ein Scheppern da: die Stadtrenovierung ist nahe. Und macht Lust darauf, Paderborn näher kennenzulernen.

Das ist Kür für Heiko Appelbaum. Es fällt ihm nicht schwer, die Vorzüge seiner Geburtsstadt hervorzuheben. „Paderborn bietet viele Vorteile“, freut er sich. So ist die Stadt für das ländliche Umland nach wie vor ein Erlebnisstandort. Außerdem gibt es eine gesunde Mischung aus Filialisten und inhabergeführten Geschäften. Die Gastronomie hat sich wunderbar entwickelt, woran auch die Studierenden ihren Anteil haben.

Und aktuell?

„Wir verschönern die Stadt in ihrem inneren Kern mit gewaltigem Aufwand“, betont Appelbaum. Was leer war, gewinnt durch Neugestaltung neues Leben. „Vieles wird umgekrempelt. Paderborn putzt sich gerade auf wunderbare Weise heraus“. Außerdem gibt es noch einen Vorteil. „Wir haben hier nicht die sonst typischen innenstädtischen Warenhaustanker. Wenn so ein Ding zumacht, steht da plötzlich eine riesengroße Leerfläche.“

Was sich ändern müsste, wären die Mieten, betont der Citymanager. Die wären oft zu hoch, was man an der besten Lage daran merke, dass dort viele große Ketten ihre Filialen hätten. Gefreut hat ihn aber sehr, dass viele Paderborner Immobilieneigentümer im vergangenen Jahr einen intensiven Kontakt mit den Mietern hatten, um deren Überleben zu sichern. „Das war echte Gemeinschaft.“

Und auch sonst hat Paderborn viel zu bieten, ist sich Heiko Appelbaum sicher. „Wir haben das Paderquellgebiet, ein Gartendenkmal mitten in der Stadt, wir haben den Dom und die zahlreichen Kirchen. Das ist vielen Gästen wichtig“, betont der nebenamtliche Gästeführer der Stadt Paderborn. Eine gewisse Schwere sei hier und da noch immer in der katholischen Hochburg zu spüren, „als Hintergrundrauschen“, so Appelbaum. Aber: „Das bietet auch eine gewisse
 Verlässlichkeit.“ Die katholische Kirche ist in vielen Gesellschaftsbereichen ein wichtiger Player. Kunst, Kultur, Musik, soziale Arbeit. „Da gibt es auf allen Seiten eine große Lust, etwas zu bewegen.“

Das Sprachrohr von 200 Unternehmen

So viel zur Einführung. Jetzt aber ein bisschen genauer. Werbegemeinschaft, Citymanager: was verbirgt sich dahinter? „Die Werbegemeinschaft Paderborn ist Zusammenschluss, Interessenvertretung und Sprachrohr von rund 200 Unternehmen aus Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistung und mehr“, erklärt Appelbaum. So muss die Politik nicht mehr zu allen einzelnen Geschäften gehen, sondern hat einen zentralen Ansprechpartner.

Anders als in anderen Städten ist die Werbegemeinschaft Paderborn außerdem nicht nur für die Innenstadtgeschäfte zuständig, sondern auch für die  Randgebiete. Das ist schon eine Besonderheit, betont der Citymanager. Die Werbegemeinschaft ist in den letzten Jahren stark gewachsen und umfasst mittlerweile auch die Filialen einiger großer Ketten. Gegründet wurde der Verein bereits 1983. Engagierte Kaufleute schlossen sich damals zusammen, um Handel und Gastronomie zu fördern und Paderborn als Einkaufsstandort attraktiv zu machen. Also wird bald schon das vierzigjährige Jubiläum gefeiert.

„Ich bin ein Kümmerer”

„Der Citymanager ist in der aktuellen Konstellation ein besonderes Paderborner Konstrukt“, freut sich Heiko Appelbaum. Noch eine Besonderheit der Stadt also. Vor einigen Jahren entstand in Politik und Stadt der Wunsch nach einer Person, die sich hauptamtlich um die Innenstadtentwicklung kümmert. Die Werbegemeinschaft wurde angefragt und sagte zu. Das Citymanagement gehört also in Paderborn nicht zur städtischen Ämterstruktur, so wie es in vielen anderen Städten geregelt ist.

Als Uwe Seibel, der erste Citymanager, dann zum Vorsitzenden der Werbegemeinschaft gewählt wurde, trat man an Heiko Appelbaum mit der Frage heran, ob er sich diese Arbeit nicht vorstellen könne. „Der Verlockung konnte ich nicht widerstehen“ lächelt er und lässt den Blick durch das großzügige Büro im ersten Stock der Überbauung am Königsplatz gleiten.

„Ich bin ein Kümmerer“, beschreibt Heiko Appelbaum den Kern seiner  Aufgabe. Überall da, wo Wünsche und Herausforderungen bestehen, neue Entwicklungen auf alte Gewohnheiten treffen und der Wandel sichtbar wird, ist der Citymanager gefragt. Die Innenstadt managen, Fragen der Bürger und des   Einzelhandels beantworten – immer lösungsorientiert. Und in Paderborn passiert gerade viel.

„Der Klassiker meiner Tätigkeit ist das Belegungsmanagement, oft auch Leerstandsmanagement genannt“, so Appelbaum. Das Wort Leerstand passt für ihn aber aus zwei Gründen nicht. Erstens gehe es darum, eine Mischung  verschiedener Geschäfte zu finden, die zueinander passen, und nicht einfach Leerstände zu füllen.

Und zweitens? „Wir haben in Paderborn eine unglaublich niedrige Leerstandsquote in der Innenstadt“, freut sich der Manager. Erst kürzlich gab es Gespräche mit Interessenten, denen aber schlicht keine Flächen angeboten werden konnten. „Das hätte ich, ehrlich gesagt, für den Herbst 2021 nicht erwartet“ so Appelbaum.

Die Lage ist sogar so gut, dass auch die Randgebiete mittlerweile entwickelt werden können. „Stand heute“, betont er. Es könne sich ja vieles rasch ändern. Trotzdem sei ihm jeder Leerstand ein Dorn im Auge.

Doch erschöpft sich Heiko Appelbaums Tätigkeit nicht mit dem Belegungsmanagement. „Die Citylogistik ist ein wichtiges Thema. Wenn zum Beispiel morgens alle Geschäfte zugleich beliefert werden, ist das ein richtiger Paketbotenslalom. Es bewegen sich dann zu viele Lieferfahrzeuge gleichzeitig in den Einkaufsstraßen. Hier müssen wir gemeinsam mit den Paketdiensten schauen, wie wir das besser machen können.“

Auch die Baustellen sind aktuell ein Thema. „Das müssen wir gut kommunizieren, damit die Menschen wissen, wie sie gut in die Stadt kommen  und wo sie gut parken können.“Baustellen seien immer auch eine Chance und nicht nur eine Barriere: „Die Stadt macht sich für Dich schön, liebe Paderbornerin, lieber Paderborner“, soll die Botschaft lauten.

Unaufgeregt, nicht stur

Apropos Paderborner. Wie ist der denn so? „Als sehr positiv habe ich in den vergangenen Monaten erlebt, dass es bei den Paderbornerinnen und Paderbornern eine gewisse Unaufgeregtheit gibt“, schmunzelt Heiko Appelbaum, wobei er das ganz ernst meint. „Manch andere sagen natürlich, das sei die westfälische Sturheit“, schiebt er nach und lacht jetzt doch. Auch inmitten großer Krisen versuche man in Paderborn, gemeinsam Lösungen zu finden, statt in blinden Aktionismus zu verfallen. Dazu hat die Stadt auch eine ideale Größe zur Vernetzung, findet Appelbaum. Für ihn zählen auch die Nachbargemeinden dazu. Auch die umliegenden Kreise bieten touristisch viele Attraktionen, die auch für die Paderbornerinnen und Paderborner interessant sind.

Außerdem gibt es den typischen Paderborner nicht mehr, zumindest nicht mehr so, wie man ihn früher beschrieben habe, betont er. „Das Sprichwort ´schwarz, schwärzer, Paderborn´ trifft einfach nicht mehr zu. Die letzten Jahrzehnte haben viel verändert. Durch die Universität und die Studierenden  sind unheimlich viele neue Impulse und Ideen in die Stadtgekommen, haben  Kunst, Musik, Kultur bereichert.“

Und so viele junge Leute geben natürlich auch ein anderes Stadtbild. Rund 153.000 Menschen wohnen in Paderborn und den Stadtteilen; die Universität im Süden der Stadt zählt etwa 20.000 Studierende. Dazu gibt es noch andere Fachhochschulen und Institute.

Die Leidenschaft für Städte…

„Ich bin Urpaderborner“, lacht Heiko Appelbaum. Kurz nach seiner Geburt wurde Elsen eingemeindet, also zählt das natürlich. Nach dem Abitur zog es ihn auf die Nordseeinsel Borkum, wo er Umweltbildungsarbeit machte. Zum Studium ging es dann zurück nach Paderborn. Geografie,  Medienwissenschaften und germanistischeSprachwissenschaft. Während eines Aufenthalts in den Niederlanden lernte er dann auch die dortige Sprache.

„Als Geograf hat man ja Interesse, Neues kennenzulernen“, gibt Appelbaum zu bedenken. Entsprechend ist er viel in Deutschland umhergereist. „Vielleicht erklärt sich so die Leidenschaft des Stadtmanagements“, überlegt er. Nach dem Studium landete Heiko Appelbaum zunächst im Hochschulmarketing. „Das hat mich aber nicht ausgefüllt.“ Also machte er sich selbständig. Unternehmenskommunikation.

„Das ging so lange gut, bis mich ein Kunde zu sich abgeworben hat“, lacht er. Fortan leitete er die Kommunikation des Medizinischen Zentrums für Gesundheit Bad Lippspringe. Die eigene Firma durfte er aber nebenher weiterführen. Einer der Kunden war die Werbegemeinschaft Paderborn. Und so schließt sich langsam der Kreis. „Aus dem Kontakt und dem Kundenverhältnis ergab sich dann irgendwann die Frage, ob ich nicht neuer Citymanager werden wolle.“

Zum Glück hätte sein damaliger Chef in Bad Lippspringe erkannt, was für eine  Chance sich bot und ermutigte Heiko Appelbaum zu dem Schritt.

…und Lego?

Nur wenige Jahre später sitzt der Citymanager Paderborns in seinem Büro mit Innenstadtflair und blickt auf eine Miniaturstadt aus Lego, die neben ihm steht.  Kein westfälisches Imageprodukt in dem Fall, sondern eine kleine Leidenschaft des Vaters eines Zwölfjährigen. „Klar hatte ich als kleiner Stöpsel neben meinen Metallautos auch Lego“, lächelt er und schaut aus dem Fenster. „Die Steine hatte ich in Waschmitteltrommeln aus Pappe, wie es sie früher noch gab.“ Die verschwanden dann irgendwann auf dem Dachboden. Dann geschah lange nichts.

Bis Heiko Appelbaum vor einigen Jahren in Duisburg war und dort in einem Lego-Geschäft auf detailgetreue Modelle von Stadthäusern traf. Da war die Leidenschaft des Paderborners geweckt. „Dann habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und es hat mich gepackt“.

Also wurden die alten Steine vom Dachboden geholt. „Leider waren die aber mittlerweile in einem schlechten Zustand.“ Es wurde in neues Material investiert, woraus eine kleine, aber feine Sammlung von Stadtbauten aus Lego entstand.

„Allerdings stoße ich mittlerweile an meine Kapazitätsgrenzen“, schmunzelt er.  Nicht, was die Ideen anbelangt, sondern schlicht den Platz. „Aufgebaute Gebäude bleiben natürlich aufgebaut. Die Modelle bilden mittlerweile selber eine Stadt, die baut man ja nicht einfach so wieder ab.“

So manche Stunde hat er mit seinem Sohn zusammen an kleinen und großen  Modellen gebaut. „Eine schöne Zeit”, betont Appelbaum im Rückblick. Mittlerweile hat sich der Zwölfjährige eher in Richtung des Computers orientiert, „aber in dem Alter beginnt man ja auch, eigene Dinge zu entdecken“.

Eine Tradition gibt es aber weiterhin im Hause Appelbaum. In der Adventszeit baut die Familie zusammen den Lego-Weihnachtsmarkt zuhause auf. Da verwandelt sich das Wohnzimmer in eine kleine Lego-Welt mit Beleuchtung und Glühweinstand.

Aus vielen kleinen Teilen bildet sich ein funktionierendes Miteinander – hier schlägt dann wohl Heiko Appelbaums Herz. Er nickt. „Da freut sich natürlich der Stadtgeograf in mir: Städte sind bunt und vielfältig. Das ist in der Lego-Welt genauso wie in der Echten.“

Und in dieser ist er mit seinem anderen Hobby als Geocacher unterwegs, wo versteckte sogenannte Caches gefunden werden müssen. Sozusagen eine  Schnitzeljagd, unterstützt von GPS-Geräten. „Ich war wahrscheinlich einer der Ersten hier in der Region“, vermutet Heiko Appelbaum, der seit zwanzig Jahren aktiv ist. „Auf diese Weise lerne man eine Gegend gut kennen”, betont er.

Immer ein offenes Ohr

Und weil bei Heiko Appelbaum die Ideen nicht lange auf sich warten lassen, wurde in Paderborn auch gleich eine GPS-Schatzsuche für Touristen aufgebaut. „So können Besucherinnen und Besucher unsere touristischen Hotspots spielerisch entdecken“, erklärt der Citymanager, der gleich wieder in seinem Element ist.

„So ist Paderborn bei vielen Dingen vorne dabei. Ist Libori in  Paderborn die fünfte Jahreszeit, ist das Frühlingsfest die sechste“, lacht Appelbaum. Und dabei ist das Frühlingsfest eine Veranstaltung der Werbegemeinschaft und nicht von der Stadt organisiert.

„Wir hoffen natürlich, dass diese Feste im kommenden Jahr wieder wie gewohnt stattfinden können“, verrät er. Das letzte Jahr habe jedoch auch erfinderisch  gemacht. Unter anderem gäbe es den Einkaufsgutschein für Paderborn jetzt auch elektronisch, was sehr gut angenommen wird. „Wir spüren die Heimatverbundenheit vieler Paderbornerinnen und Paderborner. Die Leute wollen, dass das Geld in der Stadt bleibt und den Geschäften hier zugute kommt. Das freut uns sehr.“

Dann bricht Heiko Appelbaum auf zu seinem täglichen Innenstadtrundgang. Mit vielen Gedanken zu aktuellen Projekten und anstehenden Herausforderungen. Und immer mit einem offenen Ohr für die Fragen und Wünsche der Paderbornerinnen und Paderborner. Vielleicht begegnen Sie ihm ja bald.

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