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Viel freiwilliges Engagement in der zweiten LebenshälfteKategorie
Text, Journalismus
Kunde
Nonprofit
Jahr
2020
In ihrer jüngst veröffentlichten Studie beleuchtet die Stiftung nun Wert und Potenzial von freiwilligem Engagement mit Blick auf die zweite Lebenshälfte. In diesem Bereich liefere die Forschung noch wenig Erkenntnisse, so die Stiftung, die sich nach eigenen Angaben dem Dialog der Generationen und der Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels verschrieben hat.
Die Zusatzauswertung zum Freiwilligenmonitor 2020 sollte untersuchen, mit welchen Motiven sich ältere Personen engagieren, wie sich das Engagement vor und nach der Pensionierung verändert und wie man ältere Personen für freiwilliges Engagement gewinnen kann. Dazu habe das Sozialforschungsbüro Lamprecht und Stamm die Daten auf Basis des Freiwilligenmonitors ausgewertet. Die Stiftung zeigte sich beeindruckt vom grossen und breit gefächerten Engagement sowie von der tiefen Überzeugung, mit der sich viele für andere Menschen und Themen einsetzten.
Mit ihrem Engagement möchten ältere Menschen nicht nur anderen helfen, das freiwillige Engagement biete auch Gelegenheiten, mit anderen Menschen zusammenzukommen, sich persönlich weiterzuentwickeln, etwas zu gestalten oder mit anderen Wichtiges bewegen zu können, so die Stiftung in ihrer Broschüre.
Knapp ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer ist 55 und älter, und etwa ein Fünftel hat das Pensionsalter erreicht. Zu einem aktiven Alter gehöre für viele das freiwillige Engagement in Vereinen und Organisationen oder das Engagement im näheren sozialen Umfeld, so die Stiftung. Sei es durch Vorstandsarbeiten, die Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen, durch Hilfeleistungen in der Nachbarschaft oder durch die Mithilfe bei gemeinsamen Anlässen und Projekten.
44 Prozent der 55- bis 74-Jährigen leisten formelle Freiwilligenarbeit in einem Verein oder einer gemeinnützigen Organisation, so die Stiftung in einer Medienmitteilung. Bei den Schweizerinnen und Schweizern ab 15 Jahren sind dies demnach 39 Prozent. Männer treffe man vermehrt in Sportvereinen, Frauen seien häufiger sozial oder karitiativ engagiert. Die Sportvereine führen die Liste mit 12,1 Prozent der Freiwilligen an, während die kirchlichen Organisationen und Religionsgemeinschaften mit 10,9 Prozent im Mittelfeld liegen. Wer sich formell freiwillig engagiere, tue dies häufig in mehreren Bereichen und Organisationen. Zusammengezählt würden durchschnittlich 4,5 Stunden pro Woche investiert.
52 Prozent der 55- bis 74-Jährigen engagiert sich laut Mitteilung informell im näheren sozialen Umfeld, verglichen mit 46 Prozent der Bevölkerung im Alter ab 15 Jahren. Ein knappes Viertel hilft demnach bei der Betreuung von Kindern, ein Sechstel bei der Betreuung von Betagten. Auch viele nicht verwandte kranke oder behinderte Personen profitierten auf diese Weise von der Fürsorge älterer Personen. Frauen leisten besonders viel freiwillige Care-Arbeit. Auch wenn sie noch erwerbstätig sind leistet über ein Drittel der Frauen Care-Arbeit für Personen ausserhalb des eigenen Haushaltes, so die Broschüre.
77 Prozent der 55- bis 74-Jährigen erbringen nachbarschaftliche Hilfeleistungen, indem sie mit Kleinigkeiten aushelfen, den Briefkasten leeren, Pflanzen giessen oder die Katze der Nachbarn füttern, verglichen mit 72 Prozent der Bevölkerung im Alter ab 15 Jahren. 19 Prozent übernehmen ein gewähltes Amt in einem Verein oder einer Organisation, 3 Prozent in einem politischen oder öffentlichen Gremium.
Motive des freiwilligen Engagements sei die Freude an der Tätigkeit, der Kontakt zu anderen Menschen und die persönliche Entwicklung, so die Beisheim Stiftung. Wer sich freiwillig engagiere, treffe sich zudem häufiger mit Freunden, Kollegen und Verwandten. Dass lebenslanges Lernen mehr als ein Schlagwort sei, zeige sich daran, dass auch die 55- bis 74-Jährigen ihre Kenntnisse und Erfahrungen erweiterten, sich weiterentwickelten und ihre Interessen einbringen wollten. Frauen, so die Broschüre, gewichten dabei das Hilfemotiv und die persönliche Entwicklung stärker als Männer. Diese wiederum betonen demnach verstärkt die Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten sowie die Pflege von Netzwerken.
Bei den informellen Freiwilligentätigkeiten im näheren sozialen Umfeld geht es in erster Linie ums Helfen und darum, anderen Menschen etwas zurückzugeben, so die Beisheim Stiftung. Wenn die Tätigkeit Freude bereite, den generationsübergreifenden Kontakt fördere und man sich weiterentwickeln könne, steige die Motivation der Freiwilligen steil an.
Dank der gewonnenen Zeit und den abnehmenden Verpflichtungen übernehmen Männer und Frauen nach der Pensionierung vermehrt freiwillige und unentgeltliche Aufgaben, so die Mitteilung. Dies sowohl innerhalb von Vereinen und Organisationen als auch ausserhalb. Neustart und Ausbau, nicht kürzertreten, sei das Motto vieler 55- bis 74-Jährigen, wenn es um Freiwilligenarbeit gehe. Ein überdurchschnittliches Interesse zeigten dabei die in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländer.
Das Interesse für ein Engagement in sozialen und karitativen Organisationen ist laut Studie am höchsten. 51 Prozent der 55- bis 74-Jährigen interessieren sich dafür. Es folgen kulturelle Vereine sowie Umwelt- und Tierschutzorganisationen mit 31 Prozent, Spiel-, Hobby- und Freizeitvereine mit 23 Prozent, Gemeinde-, Orts- und Quartiervereine mit 20 Prozent, Sportvereine mit 16 Prozent, Menschenrechtsorganisationen mit 12 Prozent, Selbsthilfegruppen sowie kirchliche Organisationen und Religionsgemeinschaften mit 10 Prozent, Interessenverbände mit 8 Prozent sowie politische oder öffentliche Gremien mit 6 Prozent.
Vor der Pensionierung könne sich über die Hälfte der in Vereinen und Organisationen engagierten Männer vorstellen, ihr Engagement auszubauen. Bei den Frauen falle vor allem der hohe Anteil auf, der ein erstmaliges oder erneutes Engagement ins Auge fasse. Demnach überlegen sich 71 Prozent der zurzeit nicht in Vereinen und Organisationen engagierten Frauen im Alter von 60 bis 64 Jahren einen Einstieg oder Wiedereinstieg.
Es brauche nicht nur den richtigen Zeitpunkt, sondern auch die richtige Anfrage, so die Stiftung. Mit einem guten Thema, Flexibilität und Teamgeist gewinne man 55- bis 74-Jährige für die Freiwilligenarbeit. Fachliche Unterstützung, Teambildungsmassnahmen, Weiterbildungsmöglichkeiten und verbesserte Mitsprachemöglichkeiten sind demnach wichtig. Genauso entscheidend seien die Bereitstellung von Finanzen und einer geeigneten Infrastruktur.
Es gehe auch ohne Anstecknadeln und Galadiners, so die Beisheim Stiftung. Die öffentliche Anerkennung und die Sichtbarkeit durch Berichte und Porträts in den Medien sei aber wichtig.