Text / Diakonie Schweiz

Rückschritte der Gleichstellung bei Lohn und politischen Ämtern
Gleicher Bildungsstand, aber kein gleicher Lohn: In der Geschlechtergleichstellung gibt es Fortschritte und Baustellen, so aktuelle Daten des Bundesamtes für Statistik.

Junge Frauen verfügen heute über einen gleich guten oder höheren Bildungsstand als junge Männer. Im Vergleich zu Anfang der 1990er-Jahre sind Frauen deutlich häufiger erwerbstätig und die Teilzeitarbeit hat bei beiden Geschlechtern zugenommen. In den Familien zeichnet sich eine gleichmässigere Erwerbsbeteiligung ab. Bei der Lohngleichheit und in den politischen Ämtern ist jedoch eine Stagnation oder sogar ein Rückschritt in der Entwicklung zur Geschlechtergleichstellung feststellbar. Die Hausarbeit ist ebenfalls ungleich aufgeteilt. Das sind einige der Ergebnisse, die das Bundesamt für Statistik in seiner 5. Ausgabe der Taschenstatistik über die Gleichstellung von Frau und Mann veröffentlicht hat.

Die geschlechtsspezifische Studienwahl hat sich aufgeweicht

Immer mehr junge Frauen und Männer absolvieren eine Ausbildung auf Tertiärstufe. Im Jahr 1999 hatten 9,8% der 25- bis 34-jährigen Frauen und 14,4% der gleichaltrigen Männer einen Hochschulabschluss. Im Jahr 2018 betrugen die entsprechenden Anteile 42,3% bei den Frauen und 34,7% bei den Männern. Über eine höhere Berufsbildung verfügten in derselben Altersgruppe 11,4% der Frauen und 14,1% der Männer. Die Frauen haben den Rückstand wettgemacht.Frauen wählen heutzutage auch häufiger Fachrichtungen, in denen Männer in der Mehrheit waren oder immer noch sind, wie beispielsweise Naturwissenschaften, Mathematik und Statistik sowie Ingenieurwesen, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe. Die geschlechtsspezifische Berufs- und Studienfachwahl hat sich somit in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgeweicht.

Die Erwerbstätigkeit und die Teilzeitarbeit der Frauen haben zugenommen

Ein Grossteil der Frauen und Männer ist erwerbstätig. Die Erwerbsquote der Frauen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren ist von 68,2% im Jahr 1991 auf 79,9% im Jahr 2018 gestiegen. Im Vergleich dazu hat sich die Erwerbsquote der Männer in der gleichen Zeitspanne wenig verändert: sie ist von 91,1% auf 88,5% gesunken.Von den erwerbstätigen Frauen gehen 59,0% einer Teilzeitarbeit nach. Bei den Männern sind es 17,6%. Im Jahr 1991 lagen die entsprechenden Anteile bei 49,1% bzw. 7,8%. Die Vollzeitbeschäftigung ist folglich bei beiden Geschlechtern um 10 Prozentpunkte zurückgegangen, hauptsächlich zugunsten der Teilzeitarbeit mit einem Beschäftigungsgrad von 50 bis 89%. Ein Teilzeitpensum von unter 50% haben 24,4% der erwerbstätigen Frauen und 6,6% der erwerbstätigen Männer. Von Unterbeschäftigung sind Frauen häufiger betroffen: 11,4% im Vergleich zu 3,6% der Männer im Jahr 2018.

Die Lohngleichheit ist noch nicht erreicht

Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern ist über die Jahre gesunken und betrug im Jahr 2016 im privaten Sektor 19,6% (arithmetisches Mittel). 42,9% dieser Lohndifferenz können nicht durch objektive Faktoren wie Bildungsniveau, Anzahl Dienstjahre oder Ausübung einer Führungsfunktion erklärt werden. Im öffentlichen Sektor lag der unerklärte Anteil mit 34,8% tiefer.Auch bei den monatlichen Nettolöhnen der Vollzeitarbeitnehmenden ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern deutlich: Im Jahr 2016 erhielten 16,5% der Frauen einen monatlichen Nettolohn von höchstens 4000 Franken, im Vergleich zu 5,3% der Männer. Einen Nettolohn von über 8000 Franken pro Monat erhielten hingegen 26,1% der Männer und 13,8% der Frauen.

Im Rentenalter wirken sich die tieferen Löhne und der hohe Teilzeitanteil der Frauen aus, weil sie wegen den tieferen Sparbeträgen schlechter abgesichert sind. In der zweiten und dritten Säule waren die Bezugsquoten der Rentnerinnen im Jahr 2015 deutlich tiefer als jene der Rentner: 63,7% der Frauen und 78,6% der Männer im Alter bis zu 5 Jahren über dem gesetzlichen Rentenalter bezogen eine Leistung der beruflichen Vorsorge und 28,3% bzw. 42,1% eine aus der Säule 3a.

Die Hausarbeit wird hauptsächlich von den Frauen erledigt

Der Fortschritt in der Gleichstellung von Frau und Mann erfolgt über eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine gleichmässigere Aufteilung der Haus-, Familien- und Erwerbsarbeit. In Paarhaushalten mit jüngstem Kind unter 4 Jahren ist das Erwerbsmodell, wonach der Mann Vollzeit beschäftigt und die Frau nicht erwerbstätig ist, zwischen 1992 und 2017 von 59,2% auf 23,3% zurückgegangen. Familien, die eine eher ausgeglichene Erwerbsbeteiligung leben, sind etwas häufiger als früher anzutreffen: beide Partner Vollzeit erwerbstätig 11,4% und beide Teilzeit 9,0% (1992: 5,6% bzw. 1,7%). Am weitesten verbreitet ist das Modell mit vollzeiterwerbstätigem Vater und teilzeitbeschäftigter Mutter, das in derselben Zeitspanne von einem Viertel auf rund die Hälfte dieser Familien zugenommen hat.

Die Zuständigkeit für die Hausarbeit ist weiterhin ungleich verteilt. In 70,8% der Familien mit Kleinkindern wurde im Jahr 2013 die Hausarbeit hauptsächlich von der Frau übernommen. Die Erledigung durch beide Partner kam in 25,0% dieser Haushalte vor. Frauen investieren auch mehr Zeit als Männer für die meisten Tätigkeiten der Haus- und Familienarbeit, insbesondere für zeitaufwändige Aufgaben wie die Kinderbetreuung, die Mahlzeitenzubereitung und das Putzen.

Frauen sind in der Politik weiterhin untervertreten

Nach einer deutlichen Zunahme der Vertretung von Frauen in politischen Institutionen seit den 1980er Jahren, gab es in den letzten Jahren keine grossen Bewegungen mehr. Das kann auf kantonaler und kommunaler Ebene, in den Legislativen sowie in den Exekutiven beobachtet werden. Auf Bundesebene ist der Frauenanteil im Ständerat seit 2003 um 9 Prozentpunkte gesunken, von 23,9% auf 15,2%. Im Nationalrat ist er hingegen in der gleichen Periode von 26,0% auf 32,0% um 6 Prozentpunkte gestiegen.

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