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Auch so wirkt Corona auf die Menschen einCorona macht uns weltweit zu schaffen. Doch neben den rein körperlichen Auswirkungen einer Infektion sind weitreichende Umwälzungen im Gange. Kinder leiden am meisten unter den psychischen Auswirkungen, die Kinderarbeit wächst, genauso wie die häusliche Gewalt an Frauen. Ein Überblick zum Schluss eines herausfordernden Jahres.
Kategorie
Text, Journalismus
Kunde
Nonprofit
Jahr
2020
Schutzbedürftige Kinder leiden am härtesten
Besonders schutzbedürftige Kinder litten am härtesten in der Covid-19-Krise, so das Kinderhilfswerk UNICEF in einer Mitteilung Anfang Dezember. Wegen der Pandemie und der Massnahmen zu ihrer Eindämmung hätten mehr als 60 Länder ihre Impfprogramme unterbrechen müssen. Noch immer seien über eine viertel Milliarde Mädchen und Jungen von Schulschliessungen betroffen. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie hätten zur Unterbrechung grundlegender Dienstleistungen und zu steigender Armut geführt. Ausserdem sei das Risiko von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt gestiegen.
Derweil seien neue humanitäre Krisen aufgeflammt. Aufgrund des Konfliktes in Äthiopiens Tigray Region benötigten 2,8 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. In der Provinz Cabo Delgado in Mozambik seien mehr als 425.000 Menschen vertrieben worden, darunter 191 000 Kinder. Berichte über Morde und Entführungen sowie die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten nähmen zu. Darüber hinaus hätten Stürme in Zentralamerika 2,6 Millionen Kinder und in Ostasien (Philippinen, Vietnam und Kambodscha) 13,4 Millionen Kinder schwer getroffen.
Kinderarbeit nimmt weltweit wieder zu
150 Millionen Kinder weltweit müssen arbeiten. Nachdem Kinderarbeit in den vergangenen 20 Jahren zurückgegangen ist, sorgt die Corona-Pandemie wieder für einen Anstieg der Kinderarbeit, so Brot für die Welt.
Die Hälfte der 150 Millionen arbeitenden Kinder müsse unter gefährlichen und ausbeuterischen, teils sklavenartigen Bedingungen arbeiten, so Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt, in einer Medienmitteilung des deutschen Werkes. Die Kinder bekämen kaum Lohn, ihre Gesundheit werde zerstört, sie könnten nicht zur Schule gehen. Unter unwürdigen Bedingungen müssten Kinder mithelfen, das Überleben ihrer Familien zu sichern, so Füllkrug-Weitzel anlässlich des Internationalen Tages der Kinderrechte am 20. November.
Wer arbeiten müsse, könne nicht zur Schule gehen, wer keine Schulbildung habe, habe kaum eine Chance auf eine angemessen bezahlte Arbeit. Armut befördere Kinderarbeit und Kinderarbeit verbaue den Weg aus der Armut. Dies sei ein Teufelskreis.
Nachdem Kinderarbeit in den vergangenen 20 Jahren zurückgegangen ist, hat die Corona-Pandemie dazu geführt, dass wieder deutlich mehr Kinder arbeiten müssen, so die Mitteilung. Ausgangsbeschränkungen und Lockdowns reduzierten drastisch die Einkommensmöglichkeiten von Menschen, die als Tagelöhner oder Strassenverkäuferin arbeiteten. Die Pandemie mache nicht nur Entwicklungserfolge von Jahrzehnten zunichte, sondern führe Millionen Familien an den wirtschaftlichen Abgrund.
Schattenpandemie: Gewalt gegen Frauen in der Corona-Krise
Nach jüngsten Angaben der UN-Frauenorganisation haben die Anrufe betroffener Frauen bei den nationalen Hilfe-Hotlines in vielen Ländern um 25 bis 30 Prozent zugenommen, so Brot für die Welt in einer Medienmitteilung. Dass viele Männer ihre Frustration über die Pandemie-Einschränkungen an ihren Frauen auslassen, zeige das geringe Ansehen und die geringe Stellung der Frau in den meisten Gesellschaften, wird Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt, zitiert.
Durch die anhaltende Corona-Pandemie und die ökonomischen und sozialen Folge der Lockdowns wachsen Verunsicherung, existentielle Sorgen und der emotionale Stress, so die Mitteilung. Häufig finde er dann ein Ventil in häuslicher Gewalt, was durch beengte Wohnverhältnisse der Menschen zusätzlich verstärkt werde. UN Women bezeichne die massive Zunahme häuslicher Gewalt mittlerweile als Schattenpandemie.
Noch immer habe sich wenig an den grundsätzlichen Ursachen geschlechterbasierter Gewalt geändert: die tiefsitzende kulturelle und religiöse Diskriminierung von Frauen und die Vorenthaltung rechtlicher und ökonomischer Gleichstellung zementiere ihre Unterwerfung unter und ihre Abhängigkeit von Ehemännern und männlichen Verwandten. Hinzu komme in Ländern mit chronischen Gewaltkonflikten eine allgemeine Akzeptanz von sexualisierter Gewalt als Kriegswaffe.
Viele betroffene Frauen litten physisch wie physisch, ihre Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe seien dauerhaft beeinträchtigt. Viele könnten es nicht mehr schaffen, sich aus eigener Kraft aus dem gewalttätigen Umfeld zu befreien.
Es brauche mehr Respekt für die Würde und Rechte der Frauen, für ihr Leben, für Sicherheit und Schutz, so Füllkrug-Weitzel. Dafür müssten die Machtverhältnisse, die Frauen und Mädchen diskriminierten, aufgebrochen und verändert werden.
Die Schweiz kommt bislang psychisch gut durch die Krise
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung scheint die Corona-Krise gut zu bewältigen, so das Bundesamt für Gesundheit in einer aktuellen Untersuchung. Die spezifischen Lebensumstände entscheiden demnach über die psychische Belastung.
Insgesamt gebe es kein einheitliches psychisches Reaktionsmuster auf die Krise, so das BAG in der Untersuchung. Die Folgen reichten von einer starken Zunahme psychischer Belastungssymptome über eine hohe Resilienz bis zu positiven emotionalen Effekten. Es scheine, dass weniger direkt soziodemografische Faktoren relevant seien, sondern vielmehr die spezifischen Lebensumstände.
So könnten Corona-bedingte Vereinbarkeitsprobleme, Jobunsicherheit, finanzielle Probleme und Zukunftsängste das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen. Alleinlebende oder sozial isolierte Personen seien stärker gefährdet. Die Mehrheit der Bevölkerung der Schweiz scheine jedoch die Krise bisher gut zu bewältigen, so das BAG. Die Lebenszufriedenheit sei weiterhin hoch.
Unter den getroffenen Massnahmen würde von den Befragten das schnelle, pragmatische und unbürokratische Handeln der Behörden positiv hervorgehoben. Auch dass die Massnahmen weniger restriktiv als in anderen Ländern seien, dass auf Empfehlungen statt Verbote gesetzt worden sei und dass Bewegung im Freien weitgehend uneingeschränkt möglich gewesen sei, werde für den Schutz der psychischen Gesundheit als wichtig erachtet.
Bemängelt werde hingegen, dass bei den Infektionsschutz-Massnahmen deren Konsequenzen auf der sozialen und psychischen Ebene zu wenig mitbedacht worden seien. So werde das Besuchsverbot von Pflegebedürftigen und Menschen mit Beeinträchtigungen in Heimen als problematisch angesehen.
Auswirkungen von Corona auf die Sozialdiakonie in der Schweiz
Die Diakonie Schweiz hat Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone nach ihren Erfahrungen inmitten der Corona-Pandemie gefragt. Die Kirchgemeinden haben mit grossem Nachdruck versucht, zu kompensieren, was durch Corona unterbrochen werden musste, so lautet ein Fazit der Erhebung der Konferenz Diakonie Schweiz, für die 30 Sozialdiakoninnen und Sozialdiakonen sowie Pfarrpersonen aus den Kantonalkirchen nach den Auswirkungen der Pandemie auf ihre Arbeit befragt wurden.
Der Corona-Lockdown hat in den Gemeinden neue Bedürfnisse hervorgebracht. Während materielle Hilfe lediglich in geringem Umfang angefragt wurde, standen alltagspraktische Dinge wie Einkaufshilfen oder Fahrdienste im Vordergrund. Ein starker Bedarf wurde an psychosozialer Unterstützung festgestellt: Berichte über Einsamkeit, Überforderung im Zusammenspiel von Arbeit, Homeschooling und familiären Bedürfnissen und eine allgemeine Verunsicherung standen an der Tagesordnung. Trotzdem haben die Netze im sozialen Nahraum sehr gut funktioniert, so ein Ergebnis der Erhebung.
Mit dem Lockdown wurde die Gruppenarbeit faktisch verboten – ein zentrales Element kirchlich-diakonischer Alltagsarbeit. Weggefallen sind vor allem gemeinschaftsbildende und familienunterstützende Angebote sowie diejenigen der Kinder- und Jugendarbeit. Stattdessen wurden Leistungen direkt am Wohnort besonders älterer Menschen erbracht, diese wurden per Telefonketten kontaktiert oder einzeln aufgesucht. Verstärkt etabliert wurde der virtuelle Austausch über Online-Plattformen.
Für Familien sollten neue Angebote die Mehrfachbelastung erleichtern. Beratungsangebote, Hausaufgabenhilfe oder Hütedienste sollten hier Hilfe bieten. In der Jugendarbeit wurde auf digitale Angebote gesetzt, wobei der Erfolg im Sinne einer digitalen Übermüdung eher durchzogen war. Insgesamt betrachtet haben die Sozialdiakoninnen, Sozialdiakone und Pfarrpersonen während des Lockdowns tendenziell weniger Arbeitszeit aufgewendet als vorher.
Die Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone in den reformierten Gemeinden der Schweiz waren in einem ersten Schritt stark damit beschäftigt, die behördlichen Anordnungen überhaupt umsetzen zu können. Positiv wurde vermerkt, dass die Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinde teils wesentlich einfacher als im Normalfall verlaufen sei. Entscheidungswege liefen effizienter und schneller.
Unter den Freiwilligen fiel die zahlenmässig grosse und wichtige Gruppe der älteren Personen als Risikogruppen weg. Gleichzeitig kamen jüngere und kirchenferne Personen hinzu. Hier kam es zu einer deutlichen Umschichtung des freiwilligen Engagements. Besonders gut verlief dies in Gemeinden, in denen eine professionelle Freiwilligenbegleitung verankert war. Kirchgemeinden haben während des Lockdowns ausserdem intensiv neu mit vielen Gruppen der Zivilgesellschaft zusammengearbeitet.
Die Erhebung führt zu einigen Anfragen für die künftige Arbeit. So muss das methodische Rüstzeug in den Gemeinden sichergestellt sein, um die neuen Arbeitsmethoden nachhaltig anzuwenden. Weiter sollte die Schnelligkeit der Entscheidungswege zukünftig gewährleistet sein. Die neuen Freiwilligen müssen den Gemeinden erhalten bleiben. Der grosse Schritt in Richtung zivilgesellschaftlicher Netze muss beibehalten werden. Schliesslich sollten auch die wiederhergestellten Kontakte zu Personen, die aus dem Blickfeld geraten waren, gesichert werden.
“Dureschnufe”: Internetseite für psychische Gesundheit angesichts Corona
“Dureschnufe” heisst eine Plattform für psychische Gesundheit rund um das neue Coronavirus. Sie enthält Informationen und Ratschläge für den Umgang mit der Pandemie.
Die Gesellschaft stehe vor einer Situation, die nie hätte geübt werden können, heisst es auf der Plattform dureschnufe.ch. Man bewege sich auf Neuland und das mache unsicher. Es sei normal, darauf mit Ängsten und Sorgen zu reagieren. Der Verlust von Kontrolle über den Alltag könne Menschen aus dem Gleichgewicht bringen.
Die Internetseite, die unter anderem vom Bundesamt für Gesundheit, der Gesundheitsförderung Schweiz, der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren und der Dargebotenen Hand getragen wird, stellt Informationen und Tipps rund um die eigene psychische Gesundheit in Corona-Zeiten zur Verfügung.
Thematisiert werden Ängste und Sorgen, Fragen rund um die Familie und das Homeoffice, Isolation und Einsamkeit, Probleme zuhause, finanzielle Sorgen, Sucht, die Medienflut, Solidarität und Gemeinsamkeit. Ausserdem werden aktuelle Informationen der einzelnen Kantone rund um das neue Coronavirus gegeben.
Auch die Diakonie Schweiz hat unter www.diakonie.ch/corona eine umfangreiche Themenseite zusammengestellt. Neben aktuellen Nachrichten und Artikeln umfasst diese vor allem konkrete Hilfs- und Unterstützungsangebote auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene.