Text / Diakonie Schweiz

Politischer Handlungsbedarf für altersgerechte Quartiere

Wohnen, öffentlicher Verkehr und Mobilität: hier besteht politischer Bedarf für altersgerechte Quartiere und eine zukunftsorientierte Alterspolitik der Schweizer Gemeinden. Eine aktuelle Studie betont die Notwendigkeit von bezahlbarem, altersgerechtem Wohnraum und altersfreundliche Infrastrukturen.

Die Studie «Altersfreundliche Umgebungen in der Schweiz» liefert nach eigener Aussage erstmals eine gesamtschweizerische Bestandsaufnahme zur strategischen Altersarbeit in den Schweizer Gemeinden. Die Alterung der Gesellschaft ist in den Gemeinden sehr wohl ein Thema, lautet ihr Fazit. Altersleitbilder und -konzepte bilden einen wichtigen Referenzrahmen für die Gestaltung der Alterspolitik.

Angesichts der demografischen Alterung stehen die Schweizer Gemeinden vor grossen Herausforderungen, stellt die Studie fest. Sie seien gefordert, ein Umfeld zu schaffen, das den Bedürfnissen der älteren Generation gerecht wird und deren Gesundheit, Beteiligung und selbstbestimmtes Handeln fördert.

Mehr als die Hälfte der Gemeinden verfügt über ein eigenes oder gemeindeübergreifendes Leitbild für die Alterspolitik oder plant die Umsetzung eines solchen Leitbildes, stellen die Forscher fest. Mehr als ein Drittel arbeitet demnach mit einem kantonalen Steuerungsinstrument mit Kernaufgaben wie Pflege und Betreuung. Einen hohen Stellenwert habe auch die Beschreibung von Institutionen und Organisation der Alterspolitik. Rund die Hälfte der Gemeinden verfügt über eine Stelle oder verantwortliche Person für Alterspolitik. In den Gemeinden der Deutschschweiz sei dies weit verbreitet, in der Romandie und im Tessin hingegen nur bei einer Minderheit der Gemeinden vorhanden.

Die Kooperation zwischen Gemeinden und zivilgesellschaftlichen Anbietern ist laut Studie hoch. Fast die Hälfte der Gemeinden arbeitet demnach in Pflege und Betreuung mit anderen Gemeinden und Städten oder zivilgesellschaftlichen Partnern zusammen. Sowohl bei den öffentlich finanzierten Dienstleistungen als auch bei den Angeboten der zivilgesellschaftlichen Akteure im Bereich Alterspolitik stünden Pflege und Betreuung sowie soziale Integration und gesellschaftliche Beteiligung an erster Stelle.

Mitgestaltungsmöglichkeiten für die Bevölkerung sind laut Studie jedoch nur minderheitlich vorhanden. 57 Prozent der Gemeinden bietet keine entsprechenden Instrumente. Die häufigsten Möglichkeiten der Beteiligung sind Vereine und Gruppierungen oder die Einflussnahme über Alterskommissionen. Ein direkter Austausch mit den Altersdelegierten oder Diskussionsforen wie Zukunftskonferenzen sind nur in einer Minderheit der Gemeinden vorhanden, so die Studie.

Politischen Handlungsbedarf orten die befragten Gemeinden am stärksten in den Bereichen Wohnen, öffentlicher Verkehr und Mobilität sowie im Bereich der Gesundheits- und Unterstützungsdienstleistungen. Diese Prioritäten seien in den Sprachregionen und unabhängig von der Gemeindegrösse gleich.

Die Entwicklung hin zu einer umfassenden Alterspolitik für altersgerechte Quartiere hängt am stärksten mit der Siedlungsart zusammen, stellt die Studie zusammenfassend fest. Ländliche Gemeinden weisen demnach einen signifikant tieferen Wert für den Entwicklungsstand der Alterspolitik auf als kleine, mittlere oder grosse Agglomerationen. Politische Präferenzen oder der Bevölkerungsanteil über 64 Jahre hätten dagegen keinen signifikanten Einfluss.

Ziel der Studie war es nach eigenen Angaben zu erfahren, wie die Städte und Gemeinden der Schweiz der Zunahme der älteren Bevölkerung begegnen. Den Referenzrahmen bildete das Konzept der Weltgesundheitsorganisation WHO von 2015 zu altersfreundlichen Umgebungen. Ziel dieses Konzeptes ist, die Umwelt und die Räume so zu gestalten, dass auch ältere Menschen ihr Leben nach ihren Vorstellungen und Zielen führen können.

Die Studie «Altersfreundliche Umgebungen in der Schweiz» ist im Auftrag der «a+ Swiss Platform Ageing Society» und in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften SAGW, dem Schweizerischen Gemeindeverband und dem Schweizerischen Städteverband entstanden. Das Forschungsinstitut gfs.bern hat die Studie durchgeführt. Sie beruht auf einer Online-Umfrage, an der sich 927 der insgesamt 2‘222 Gemeinden in der Schweiz (Stand 2018) beteiligten. Das Monitoring zu altersfreundlichen Umgebungen in der Schweiz soll in Zukunft periodisch durchgeführt werden.

Altersfreundliche Quartiere entsprechen dem Bedürfnis einer immer grösser werdenden Gruppe, so die SAGW zur Studie. Faktoren wie guter Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel, Begegnungszonen und Hindernisfreiheit dienten allen Bevölkerungsgruppen. So seien beispielsweise auch gerade die Jungen auf öffentliche Verkehrsmittel und Familien mit Kinderwägen auf Hindernisfreiheit angewiesen. Eine Gemeinde oder eine Stadt, die auf eine solche Infrastruktur achte, werde attraktiver. Zudem sänken die Gesundheitskosten, wenn Rentnerinnen und Rentner möglichst lange selbständig leben könnten. Einfache Massnahmen, wie beispielsweise etwas längere Grünphasen beim Fussgängerstreifen, könnten schon mit einem kleinen Budget umgesetzt werden.

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